Geschwisterzimmer Part I: Gemeinsames Schlafzimmer

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„Jedes Kind braucht ein eigenes Zimmer!“ These aufgestellt, Schublade auf, These rein, Schublade zu.

Seit ich ein Kind war, war in meinem Kopf ganz klar: Jedes Kind braucht ein eigenes Zimmer. Was habe ich Freundinnen, die ihr Zimmer mit dem nervigen Geschwisterkind teilen mussten, bemitleidet. Folgerichtig haben wir das halbe Haus umgebaut, als der Kleine zur Welt kam. Eine ganze Küche haben wir verlegt, inkl. neuer Abwasserleitungen, Kernbohrungen durch den Keller, Starkstormleitungen verlegen usw.! Hauptsache jedes Kind hatte sein eigenes Zimmer.

Nur der große Bruder verstand das alles nicht. Seit der Kleine auf der Welt war, wollte er gemeinsam mit ihm in einem Zimmer schlafen. Ich belächelte diesen Wunsch. Er hatte ja keine Ahnung, was das bedeutet. Bis zu diesem einen späten Nachmittag im Juli…
Der kleine Bruder war nun fast 2 Jahre alt. Aus den Kinderzimmern drang ein aufgeregtes Geplapper gefolgt von einem Kratz- und Römsgeräusch. Die Herren hatten versucht, ein 79cm breites Babybett durch eine 75 cm breite Türzarge zu bekommen. Beim Anblick dieser eifrigen kleinen Bauherren, die ihren Misserfolg analysierten, ersparte ich mir das Schimpfen und fragte erst einmal nach dem Grund für diese Umräumaktion: Sie wollten so gerne zusammen in einem Zimmer schlafen!
Kurzentschlossen holten wir drei den Akkuschrauber und bauten das Bett ab, trugen die Einzelteile durch die Tür und bauten es wieder auf. Mein Mann war – sagen wir mal – „unbegeistert“ und der festen Ansicht, „das bauen wir heute Nacht doch eh alles wieder zurück.“ Heute, 5 Monate später kann ich sagen: Es war sicherlich eine der besten, spontanen Entscheidungen in meinem Leben!

Unser Erfahrungsbericht.
Keine Ahnung, ob es wichtig ist, aber vorab ein paar ganz grundlegende Sachen.
Alter der Kinder: 2 und 4,5
Beziehung: Sehr innig. Nicht falsch verstehen, sie kloppen sich auch mal wie die Kesselflicker, aber vom Grundsatz haben die Beiden ein inniges Band!
Geschlecht: gleich

Umstellung
Ich empfehle euch, dieses Experiment nicht zu starten, wenn ihr um 20:00 Uhr Besuch erwartet oder am nächsten Morgen um 6:00 Uhr einen Termin habt. Ihr braucht Nerven! Viele und gute Nerven! Ggf. Popcorn und Schnaps parat stellen.
Der erste Abend war bei uns Party pur! Die Jungs waren so aufgeregt, dass sie in einem Zimmer schlafen durften. Um 21:30 Uhr hab ich die Party im Kinderschlafzimmer gecrasht und fand beide hüpfender- und kreischenderweise in ihren Betten vor. Völlig entnervt erklärte ich das Projekt für beendet und stampfte los, um den Akkuschrauber zu holen. Als ich wieder im Kinderzimmer ankam, lagen sie engelsgleich in ihren Betten und schliefen. Ohne Worte…
Die nächsten 3-4 Abende war die Aufregung schon weniger groß. Ich würde mal tippen, dass es so 10 Tage gedauert hat, bis die neue Schlafsituation zur Routine wurde.

Hüttenbett Sam

Hausbett Cory

Einschlafen
Beide Kinder hören zum Einschlafen gerne ein Hörspiel. Generell dauert das Einschlafen nun in etwa 10 Minuten länger, weil nach dem Hörspiel noch etwas gequasselt werden muss. Es werden kleine Geheimnisse ausgetauscht, Witze erzählt und Pläne für den nächsten Tag geschmiedet. Da nehme ich diese 10 Minuten gerne in Kauf. Etwas schwieriger war die Hörspielsituation. Denn logisch: jeder will etwas Anderes hören. Die Lösung war am Ende nun, dass jeder eine eigene Toniebox mit ins Bett nehmen darf. Tipp meinerseits: wer nicht nachts um 4:00 Uhr von einer maximal auf Anschlag gestellten Toniebox geweckt werde möchte, nimmt sie vor dem Schlafengehen aus den Betten 😉

Durchschlafen
Generell haben beide Jungs immer schon gut durchgeschlafen. Der Große kam dann und wann mal in den frühen Morgenstunden in unsere Betten. Anders war es beim Kleinen. Mit 15/16 Monaten kam es immer häufiger vor, dass er nachts schlecht träumte und danach auch nicht wirklich wieder in den Schlaf fand.
Seitdem die Beiden ein Schlafzimmer teilen, haben wir nicht eine unterbrochene Nacht mehr gehabt. Sie werden zwar gelegentlich wach, aber ein Blick ins andere Bett und die Atemgeräusche des Bruders, bringen beide Jungs direkt wieder in den Schlaf.

Aufwachen
Ähnlich wie beim Einschlafen, geht es auch morgens zu. Es wird sich gegenseitig geweckt und direkt die ersten Sachen besprochen, gemeinsam geschmust und gespielt. Im Allgemeinen wachen die Jungs dadurch leider deutlich eher auf, als wenn sie alleine schlafen (ca. 1 Stunde eher). Positiv ist aber zu erwähnen, dass von den Eltern nicht verlangt wird aufzustehen. Sie spielen gemeinsam und genügen sich total. Erst wenn der Hunger zu groß wird oder ein unlösbarer Konflikt in der Luft schwebt, wird nach dem Personal – also uns – gerufen.

Fazit
Unser Experiment hat mich persönlich eines Besseren belehrt! Nicht jedes Kind braucht ein eigenes Zimmer! In unserem Fall bin ich der festen Überzeugung, dass beide Kinder von ihrem gemeinsamen Schlafzimmer profitieren. Ihre Beziehung war eh schon eine sehr gute, aber hierdurch wurde sie um ein Vielfaches gestärkt.
Der Große kümmert sich zu gerne um den kleinen Bruder und fühlt sich nun wirklich wichtig in seiner Rolle. Er passt auf seinen Bruder auf und darf ihm die tollste Dinge erklären und zeigen.
Der Kleine lernt sehr viel von dem großen Bruder, der quasi alles kann. Vor allem aber lernt er auch mal Rücksicht zu nehmen. Nämlich, wenn der Große schon schlafen möchte oder er einmal krank ist.

Wir werden vorerst bei den gemeinsamen Geschwisterzimmern bleiben. Und sollten die Jungs den Wunsch haben, doch wieder getrennt zu schlafen, dann haben wir ja noch das zweite Zimmer, das jetzt das gemeinsame Spielzimmer ist.